

Lëtzebuergesch Angscht Stéierungen Hëllef

Zeit vergeht so schnell,
doch an jedem neuen Tag hast du eine Chance, deine
Ängste und Panikattacken
in den Griff zu bekommen.
Warte nicht zu lange, fang jetzt an etwas zu verändern.
Ich dachte, ich bin der Einzige,
dessen Leben von Angst und Panikattacken geprägt ist.
Lange Zeit war ich überzeugt: Ich bin der Einzige. Der Einzige Mensch auf der Welt, der aus heiterem Himmel Herzrasen bekommt, Schweißausbrüche, das Gefühl, keine Luft mehr zu kriegen. Der Einzige, der mitten im Supermarkt glaubt, gleich umzukippen. Der Einzige, der morgens aufwacht und sofort mit der Angst im Nacken lebt, ohne zu wissen, warum.
Ich habe es niemandem erzählt. Wie auch? Wer würde das verstehen? Ich sah doch ganz normal aus. Ich funktionierte. Arbeit, Freunde, Familie – alles schien in Ordnung. Aber innerlich war da dieses Zittern, diese permanente Alarmbereitschaft, als würde ständig etwas Schreckliches passieren.
Und genau das ist das Tückische an Angststörungen und Panikattacken: Sie sind unsichtbar. Man sieht sie nicht, man hört sie nicht, und sie passen so gar nicht in eine Welt, in der „stark sein“ und „sich zusammenreißen“ noch immer als Tugenden gelten.
Doch irgendwann wurde mir klar: Ich bin nicht allein. Nicht mal im Ansatz. Millionen Menschen weltweit kämpfen mit genau denselben Symptomen. Manche täglich, andere nur ab und zu. Es gibt Bücher darüber, Podcasts, Selbsthilfegruppen, therapeutische Angebote – ein ganzes Netzwerk an Wissen und Erfahrungen. Ich war nie der Einzige. Ich war nur einer von vielen, der glaubte, er sei es.
Nach einer intensiven Therapie im Ausland war ich dankbar, dass ich zurück in Luxemburg auf die LASH – Lëtzebuerger Angschtstéierungen Hëllef und eine Selbsthilfegruppe gestoßen bin. Dort saßen Menschen wie ich – Menschen, die ebenfalls lange dachten, sie seien allein mit ihren Ängsten. Es war beruhigend und stärkend zu erleben, wie offen dort gesprochen wird. Wie sich Verständnis, Austausch und Mitgefühl anfühlen können, ohne erklären zu müssen, „warum man denn so ist“.
Diese Gruppe wurde für mich – neben meinen regelmäßigen Therapiestunden – ein sicherer Ort. Ein Ort, an dem ich nicht erklären musste, sondern einfach sein durfte. Und das allein hat oft mehr geholfen als viele Worte.
Vielleicht liest gerade jemand diesen Text und denkt dasselbe, was ich so lange dachte: Ich bin der Einzige. Wenn ja, dann sage ich dir: Nein, bist du nicht. Und das ist keine Schwäche – es ist menschlich. Es gibt Hilfe, es gibt Wege, und es gibt viele, viele andere da draußen, die genau wissen, wie sich das anfühlt.
Eine Patientin aus unserer Gruppe erzählt
Ich war Anfang 25, als die Panikattacken zum ersten Mal begannen.
Zuerst bemerkte ich nur ein komisches Gefühl in der Brust, plötzliches Herzrasen, Atemnot und Schwindel. Es fühlte sich so an, als würde mein Herz aus meiner Brust springen. Ich war überzeugt, dass ich einen Herzinfarkt hatte. Die Symptome kamen aus dem Nichts und überrollten mich wie eine Welle. Der Notarzt wurde mehrmals gerufen, und immer wieder wurde mir gesagt, dass körperlich alles in Ordnung sei. Aber das half mir wenig, weil ich den körperlichen Zustand nicht verstand und die Angst immer weiter wuchs.
Bald traute ich mich kaum noch aus dem Haus. Der Supermarktbesuch, eine kurze Busfahrt oder selbst ein entspannter Spaziergang wurden zu unüberwindbaren Herausforderungen. Jedes Mal, wenn ich irgendwohin wollte, wusste ich nicht, ob ich dort wieder von einer Panikattacke überrascht werden würde. Es war, als befände ich mich in einer endlosen Spirale aus Angst und Vermeidung. Je mehr ich versuchte, den Situationen aus dem Weg zu gehen, desto stärker wurde die Angst, und desto weniger konnte ich mich wirklich bewegen.
Nach einigen Monaten, in denen ich immer mehr Dinge vermied und mich immer weiter zurückzog, entschloss ich mich, eine kognitive Verhaltenstherapie zu beginnen. Der Weg war nicht einfach, aber ich wusste, dass ich etwas ändern musste, wenn ich mein Leben zurückhaben wollte.
Zu Beginn der Therapie lernte ich, die körperlichen Symptome zu verstehen. Herzrasen zum Beispiel, das war Adrenalin, kein Hinweis auf eine bevorstehende Lebensgefahr. Es war schwer, mir das einzuprägen, weil die Angst in solchen Momenten so überwältigend war. Aber Schritt für Schritt begann ich, mich selbst zu beruhigen und die Symptome als das zu erkennen, was sie waren, körperliche Reaktionen, die vorübergingen. Es half mir, mich weniger hilflos zu fühlen.
Dann begann die eigentliche Arbeit. Konfrontation mit den Dingen, die ich längst vermieden hatte. Zuerst waren es kleine Schritte. Ich ging für ein paar Minuten in den Supermarkt und versuchte, ruhig zu bleiben. Ich fuhr ein kurzes Stück mit dem Bus. Es fühlte sich an, als würde ich mir wieder ein Stück Freiheit zurückerobern, auch wenn es mir zunächst sehr schwerfiel. Es war nicht immer einfach, und manchmal hatte ich immer noch Panik, aber ich lernte, dass ich trotzdem weitermachen konnte.
Ich kombinierte die Therapie mit Atemübungen, die mir halfen, in den stressigen Momenten einen klaren Kopf zu behalten. Und ich führte ein Angsttagebuch, in dem ich aufschrieb, was ich fühlte und welche Situationen mich besonders belasteten. Das gab mir ein Gefühl der Kontrolle und half mir, Muster zu erkennen.
Es dauerte etwa ein Jahr, bis ich wieder in der Lage war, ohne ständige Angst zur Arbeit zu fahren, Einkäufe zu erledigen oder sogar zu verreisen. Die Panikattacken hörten nicht über Nacht auf, aber ich lernte, mit ihnen umzugehen. Heute sage ich mit Zuversicht: „Ich habe seit über drei Jahren keine Panikattacke mehr erlebt. Wenn ich mal Herzklopfen spüre, weiß ich, dass es nur ein vorübergehendes Gefühl ist, das wieder vergeht, und dann geht es auch tatsächlich vorbei.“
Es war ein langer Weg, aber ich habe gelernt, dass ich stärker bin, als ich dachte.